30.04.2013

Internationale Kreativ.Geschichten im Ledigenheim

Die Kreativquartiere des europäischen Netzwerks CURE präsentieren sich in einer Ausstellung der Stadt Dinslaken mit Bildender Kunst, Design und Handwerk.


Lederwaren, Textilkunst, Malerei, Kalligrafie, Bildhauerei, Fotos und Filme: Das Spektrum der Exponate ist reichhaltig. Künstlerinnen und Künstler aus jedem der acht CURE-Kreativquartiere zeigen eine kleine Auswahl ihres Schaffens im denkmalgerecht sanierten Ledigenheim der Bergarbeitersiedlung Lohberg. Damit präsentieren sie zugleich Typisches für ihr jeweiliges Quartier in Großstädten wie Dublin und Lille oder auch im „beschaulichen Kettwig“, wie Bürgermeister Dr. Michael Heidinger in seiner Begrüßung differenziert.


Von den drei Ruhrgebietsstädten Dinslaken, Hagen und Essen-Kettwig über Colchester, Edinburgh, Dublin, Lille und Brügge bis zu Utrecht mit der Hochschule der Künste als akademischem Projektpartner spannt sich das Netzwerk der CURE-Städte. CURE steht für Creative Urban Renewal in Europe, kreative Stadterneuerung in Europa. Jeder einzelne in den Kreativquartieren arbeitende Künstler sei ein Pionier, der die Entwicklung der Stadtgesellschaften befeuere und ihre Identität präge, meinte Dr. Heidinger. So verschieden die acht westeuropäischen Städte auch sind, sie eint ein gemeinsames Ziel: In den neu zu erschließenden Quartieren soll von Anfang an Leben herrschen und die Bevölkerung wird durch vielfältige Aktionen einbezogen.


So dient auch die Wanderausstellung, vom 26. April bis zum 3. Mai im Ledigenheim zu sehen, dem Ziel, die Menschen zusammen zu führen. Kuratorin und Künstlerin Walburga Schild-Griesbeck, die im Kreativ.quartier Lohberg ein Atelier betreibt, und Journalistin Delia Bösch erzählen die Kreativ.Geschichten anhand kurzer Charakterisierungen der Städte und Künstlerbiografien. In offenen Boxen stellen sich die einzelnen Quartiere dar.
Brügge etwa, ehemalige Kulturhauptstadt Europas mit Weltkulturerbe, leidet unter der Abwanderung junger Einwohner, denen die touristische Prägung der Stadt zu einseitig ist. Um gegenzusteuern, lässt die Stadt Nachwuchsdesigner im Cartier Bricolé leerstehende Ladenlokale nutzen. Designer Dominique Dufait ist mit ebenso schlichten wie schicken handgefertigten Ledertaschen vertreten. Brody Neuenschwander, gebürtiger Texaner und international bekannt durch seine Schriftzüge für Peter Greenaways Film „Prosperos’ Bücher“, steuert schwungvolle und farbenfrohe Kalligrafien bei.


Die Scheidt‘schen Hallen in Kettwig, bis in die 1970-er Jahre Kammgarnspinnerei, erwachen seit 2013 nach langem Dornröschenschlaf wieder zu neuem Leben. Nahe des idyllischen Ruhrstausees siedelt sich nun ein Wohn- und Gewerbequartier an. Malerin Kristin Loehr, Filmemacher Jan Derksen und Maler Sebastian Walter-Lilienfein präsentieren das Kreativquartier auf ihre persönliche Weise. Walter-Lilienfein fängt die spezielle Atmosphäre der Scheidt‘schen Hallen in detailliert komponierten Stillleben ein.


Die Elbershallen in Hagen dienten bis 1927 ebenfalls der Textilproduktion. Dort und im Stadtviertel Wehringhausen ziehen nun Kultur- und Kreativwirtschaft ein. Andreas Edgar Busch verwandelt Häuserfassaden per Malerei in farbenfrohe Blickfänge und Silke Pfeifer belebt den Stadtteil seit neun Jahren mit Tagen des offenen Hinterhofes.
Aus Dinslaken sind unter anderem vertreten: Doris Kook, Malerin, Fotografin und Bildhauerin, und Ulrike Int-Veen, die im KQL eine Malschule führt. Maßschneiderin Eva Soßnitza, die unter dem Designlabel E.so.za textile Wohnraumaccessoires und Geschenkartikel vertreibt, zeigt bunte Kissen mit Manga-Motiven. Der ehemalige Softwareentwickler Markus Dudek schmiedet Stahl zu individuellen Schmuckstücken: Das kraftvolle Material und die filigranen Muster bilden einen reizvollen Kontrast. Insgesamt 22 Künstler und Kreativunternehmer nutzen derzeit Räumlichkeiten des Kreativ.quartiers Lohberg. Weitere Interessenten beherbergt inzwischen das Ledigenheim, denn im Mai 2013 beginnen die Bauarbeiten im gesamten Entwicklungsgelände.


Die Kreativ.Geschichten zeigen durchweg eine hohe handwerkliche und künstlerische Qualität. Die CURE-Kreativen setzen originelle Impulse für die Zukunft der Quartiere und bringen neues Leben in die historischen Viertel. Als Beispiel dafür steht eine Bodenskulptur aus Edinburgh, die den Aufbruch der Kreativquartiere symbolisiert. Aus rostigen Metallrahmen und einer verwitterten Holzpalette leuchtet ein kleines rotes Farbviereck auf: Inmitten des Materials der Vergangenheit keimt hier etwas Neues auf, das selbstbewusst auf sich aufmerksam macht.

 

Autorin: Gudrun Heyder